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Alt 29.06.2008, 12:05
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Jutta Jutta ist offline
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Standard AW: Enddarmkrebs - Rezidiv - wer kann einen Rat geben?

Hallo Lilli,

durch die vorherige Zusammenfassung sind einige wichtige Punkte bez. welche Behandlung und ob leider für mich nicht klar verständlich gewesen. Danke, dass du dir die Mühe machtest etwas ausführlicher zu schreiben.

Oft werden vom Patienten „gefühlte“ Metastasen nicht ernst genommen, besonders da deine OP ein ziemlich großer Aufwand war, welche das gesamte Becken betraf. In solchen Fällen bilden sich gerne Hämatome, die vielfach unbeachtet gelassen werden und es sich wie dein „Ei“ anfühlen kann. An das werden die Ärzte wohl gedacht haben ....

Lilli, ob du bei solch einer Prämisse noch eine Chemo machen willst, ist deine eigene Entscheidung, bei welcher dir niemand so wirklich „helfen“ kann. Um hier für dich zu entscheiden, ist es ganz wichtig, dass du mit deinem Gewissen im reinen sein wirst.

Wie bist du seither mit „Steinen“ auf dem Weg umgegangen? Hast du immer alle optimalen Lösungswege gesucht, gegeneinander abgewogen und dann entschieden? Falls ja, wie oft warst du danach mit dir und deiner Entscheidung zufrieden? Hast du Reue empfunden, hattest du öfters das Gefühl, dass du vielleicht hättest einen anderen Weg nehmen sollen?
Oder standest du absolut sicher und gut hinter deinen Entscheidungen?

Die Entscheidungshilfen sind einfach deine gegangenen Wege, bei denen du bereut hast, oder auch nicht. Auch wenn mancher jetzt denkt, das war anders, keine Situation in der ich meine Lebenserwartung einkalkulieren mußte. Ich spreche es aber an, weil gerade diese jetztige Entscheidung für dich, dein Wohlbefinden und das Auseinandersetzen/Umgehen/die persönliche Akzeptanz mit all diesem gewichtig ist. Ein paar Beispiele aus meinem Erfahrungsweg. Mein Papa entschied sich nach seinem letzten Rezidiv gegen eine weitere Chemo. Er wollte die noch gegebenen Monate bis zum letzten Auskosten, das konnte er für einige Wochen. Als dann die letzte Phase begann, kamen ihm Zweifel, ob er den richtigen Weg gewählt hat. Diese dauerten nur kurz an, denn die erste Entscheidung entsprach seinem Naturell, und er war sich mit sich und seinem Gewissen einig.

Bei meinen Sterbebegleitungen kommen diese Entscheidungsfragen fast immer bei jedem Patienten die weitere Behandlungen ablehnten auf. Aus diesen langjährigen Erfahrungen kann ich dir sagen, dass vor allem jüngere Betroffene es oft bereuen, sich gegen die Behandlung ausgesprochen zu haben. Erst nach vielen Gesprächen, warum, weshalb und wieso, und der gemeinsamen Vorbereitung auf das was kommt, werden viele Zweifel ausgeräumt und die Entscheidung bei vielen so akzeptiert. Manche finden sich damit auch nur ab, oder ergeben sich in das Schicksal.

Ich denke, dass auch bei dir noch so manches Gespräch, mit dir selbst, jemand aus deinem Umfeld oder eine neutrale Person, für diese Entscheidung wichtig sein könnten. Oft sind es die Worte des Gegenübers, bewußt oder unbewußt ausgesprochen, die dir eine Hilfe sein könnten. Ganz besonders, da du schon einen Sohn an den Krebs verloren hast, und hier noch einiges vergraben liegt. Du wirst danach „funktioniert“, vieles dadurch evtl. auch verdrängt haben.

Gegen diese Nervenirritationen, die ich mir nach 12 großen OP’s auch zulegte, fand ich bei langer Suche leider nichts, das mir helfen konnte. Meine Schmerztherapeutin verschrieb mir daraufhin ein gutes Medikament.

Da du schon stille mitgelesen hast, wirst du auch wissen, dass es hier immer den einen oder anderen mit offenen Ohren geben wird.
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Jutta
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