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Alt 19.03.2008, 18:58
SusiSonnenschein SusiSonnenschein ist offline
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Standard AW: Ein gemeinsamer Traum...

Die Zeit vergeht.....

Vor bald einem Jahr ist das Unfassbare passiert. Es ist bald ein Jahr her, dass ich zum letzten Mal mit Seb sprechen konnte und seine Nähe spüren. Seit einem Jahr hat er eine Lücke in dem Leben aller hinterlassen, die ihm Nahe standen, die schwer zu füllen ist.
Dieses erste Jahr ohne ihn war eine sehr schwere Zeit!
Es fällt mir schwer einen Anfang oder ein Ende zu finden denn es gibt so Vieles dass ich über Seb und unseren gemeinsamen Weg erzählen könnte. Dennoch möchte ich noch einen Eintrag in den "gemeinsamen Traum" schreiben.
Wenn ich an Seb denke kommen in mir unzählige verschiedene Bilder hoch und viele verschiedene Gefühle durchströmen mich. Ich trage viele schöne Erinnerungen in mir für die ich unendlich dankbar bin, auch wenn sie teilweise noch sehr weh tun. Wir wussten seit der Diagnose, dass das Unvorstellbare passieren könnte und mit jedem Rückschlag, mit jeder Untersuchung schien der Tod näher zu rücken. Die Angst vor dieser Endgültigkeit war unser ständiger Begleiter und bescherte uns viele schwere Stunden. Trotzdem bin ich dankbar für diese Zeit – wir durchlebten diese schweren Stunden miteinander und konnten uns gegenseitig Mut machen und uns alles von der Seele reden. Ich bewundere Seb für seine Stärke dem Tod ins Auge zu blicken und offen über seine Ängste zu sprechen. Er hat gehofft und gekämpft bis zur letzten Minute und der Krebs hat nicht eine Sekunde gesiegt - denn er hat es nicht geschafft ihm die Lebensfreude zu nehmen.
Seb war unendlich tapfer und hat allen Menschen, die ihn auf seinem Weg begleitet haben mehr Trost und Unterstützung gegeben als wir ihm je geben konnten. Es war schwer für uns alle mit der gleichen Tapferkeit dem Tod ins Auge zu blicken und mit Seb darüber zu sprechen. Doch diese Gespräche sind mir im Nachhinein die wertvollsten Gespräche die wir jemals geführt haben, denn sie zeigen mir nun, da ich den Weg allein gehen muss, immer wieder dass wir nichts verpasst haben und nichts zwischen uns unausgesprochen blieb. Wir konnten so Abschied voneinander nehmen und uns auf den bevorstehenden Tod vorbereiten.
Seb konnte so sterben wie er es sich gewünscht hat. Auf seiner Station im Kreise seiner Familie. Ich weiß nicht woher wir alle die Kraft genommen haben, aber wir konnten uns gemeinsam von Seb verabschieden und ihn auf seine letzte Reise ziehen lassen.
Er konnte uns und sein Leben hinter sich lassen und das Erste was ich verspürte war eine große Dankbarkeit, dass ihm das lange Leiden, dass wir so oft bei anderen Patienten beobachtet hatten und vor dem er so viel Angst hatte, erspart bleib. Wir konnten hier auf dieser Erde nichts mehr für ihn tun und ihn nun dort hoffen wo es keine Schmerzen mehr gibt.
Doch auf das was nach dem Tod kommen sollte war ich nicht vorbereitet. Ich dachte in der Zeit der Diagnose und des schweren Kampfs gegen den Krebs immer, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte aber es kam schlimmer -sehr viel schlimmer.
Mit Seb ist ein Teil von mir gestorben und ich benutze immer wieder das Bild von Sebs Amputation. Nun konnte ich nachfühlen wie es ihm gegangen sein muss. Ein Teil von mir wurde entfernt und ich musste lernen neu zu gehen und ohne diesen so lebenswichtigen Teil weiter zu leben. Ich nahm mir immer wieder meinen Kämpfer als Beispiel und spürte, dass ich mit ihm im Herzen jeden Kampf bestehen kann. Ich habe Seb versprochen nicht aufzugeben und so begann nach seinem Tod mein persönlicher Kampf.
Am Anfang versuchte ich einfach nur irgendwie zu überleben und weiter zu gehen. Es liegt ein schweres Stück des Weges hinter mir.... ich habe gekämpft und viele Hürden genommen und versucht den Schmerz zu ertragen. Der Schmerz war ein wichtiger Bestandteil der Bewältigung und Ausdruck meiner Trauer. Mit der Zeit habe ich gelernt meine Wunden zu pflegen und auch wieder schöne Dinge zu entdecken. Der Kampf meines Lebens verwandelt sich langsam aber sicher wieder in " einfach leben".
Ich hatte und habe ein großes Ziel, ich wollte, dass Seb stolz auf mich herunterblicken kann und ich ihm seinen größten Wunsch, dass ich für uns beide weiterlebe und glücklich werde erfüllen.
Die vielen schönen Erinnerungen an mein gemeinsames Leben mit Seb werden nie verblassen und wenn ich an ihn denke ist mein Herz erfüllt mit Liebe. Es ist vielleicht nicht mehr die gleiche Liebe, die uns zu seinen Lebzeiten verbunden hat, aber trozdem eine Liebe die niemals enden wird. Seb lebt in meinem Herzen und in den Herzen vieler Menschen, die ihn lieb gewonnen haben, weiter.
Leider konnten wir unseren gemeinsamen Traum nicht so leben, wie wir uns das vorgestellt haben aber trotzdem konnten wir ihn eine zeitlang leben. Ich bin dankbar dass ich einen so wundervollen Menschen wie Seb ein Stück seines leider so kurzen Lebensweg begleiten durfte.

Susi


Ich möchte mich zum Schluss noch bei allen lieben Menschen hier, die Anteil genommen haben und uns auf unserem Weg mit Worten und Gesten begleitet haben bedanken. Ich hätte oft nicht gewusst was ich ohne Euch getan hätte! Danke
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