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Alt 08.10.2007, 23:12
estella estella ist offline
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Registriert seit: 25.04.2007
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Standard AW: Verzweifelt, traurig und wütend

Hallo ihr lieben Daumendrücker,

ja ja ja ja ja , mein Vater ist heute nach 6 Wochen entlassen worden !!!!!!!!!

Ich kam zu spät, um ihn vom Virchow abzuholen, dafür ging ich mit meinem Sohn zu ihm nach Hause. Wir wohnen nur 10 Minuten von einander entfernt, was für berliner Verhältnisse ein ziemlicher Luxus ist. Als er die Türe seiner Wohnung öffnete, konnte ich es kaum fassen! Da stand er und lachte uns an. Dünn ist mein Vater geworden, seine Hose schlabbert, das Hemd schlottert...diese Woche noch sollte er sich neue Kleidung kaufen, denn er wird nie wieder dick werden...aber eigentlich sieht er recht gut aus. Er zeigte mir ein paar Gymnastik Übungen gegen Rückenschmerzen und kitzelte meinen Sohn durch.
Dann kam mein Onkel, der mittelrweile zum absoluten Lieblingmenschen Pablos avanciert ist. "Angel! Angel! Angel!" kreischte er vergnüglich. Woraufhin mein Onkel zu tanzen anfing - so ganz ohne Musik. Mein Vater meinte derweil, dass mein Onkel seine Pflanzen zerstört hätte. Mein Vater liebt nicht nur klassische Musik, sondern auch Zimmerpflanzen. Sein Herz gehört einer hoch wachsenden Scheußlichkeit, mit großen fleischigen Blättern, die gelblich-grün sind. Einer Pfanze, die wirklich nichts liebliches hat, dafür aber sofort bis zur Zimmerdecke wächst. Aber so ist das mit der Liebe: man kann es nicht erklären. In den Augen meines Vaters sind diese Ungeheuer wunderschön. Sie stehen in großen Kübeln im ganzen Wohnzimmer rum und versperren den Weg. Diese Pflanzen und andere hübschere Grüngewächse hatte mein Onkel zunächst gar nicht gegossen, dann in Wasser ertränkt...alle anderen Zimmerpflanzen waren heute nur noch traurige Stängel. Die Lieblinge meines Vaters hingegen standen wie eh und je fett im Zimmer. Unkraut vergeht wirklich nicht...
Man spürte, wie glücklich mein Vater ist. Er erzählte, dass er gleich eine "tortilla" machen wird, ein Ei-Omlett, dass in Olivenöl gemacht wird.
Mit dem Essen hat er weniger Probleme als gedacht - oder er erzählt uns nichts davon. Überhaupt: wenn man ihm glauben kann, dann hat er kaum Schmerzen gehabt. Anfangs wg der Schmerz-Pumpe und danach, als er auf Station 19 lag, hat er sich nie beschwert. Was die Chemo angeht: er kann kaum abwarten, dass diese beginnt. Er hat überhaupt keine Angst vor den Nebenwirkungen, sondern er verbindet mit der Chemotherapie einen weiteren Schritt in Richtung Heilung. Mal sehen wie es weitergeht. Morgen werde ich bei Dr. Thuss anrufen, um die nächsten Schritte zu besprechen.

Dank an alle, die so treu geschrieben haben...das war sehr nett und sehr hilfreich. Gerade diejenigen, die kürzlich einen lieben Menschen verloren haben und trotzdem schreiben: muchas gracias!

Bis bald,

estella
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