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Alt 28.04.2007, 00:11
Epona Epona ist offline
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Standard AW: Bin mit 19 Jahre an ein Gallengangkarzinom erkrankt!

Liebes Sternchen,
liebe Betroffene, Forumsteilnehmer und Mitfühlende,
An Sternchen:
erstmal möchte ich Dir sagen, dass ich Deinen Mut und Deine Beharrlichkeit, auch Deine Fähigkeit anderen Hoffnung und Kraft zu geben sehr bewundere und Dir von ganzem Herzen wünsche, dass Du wieder gesund wirst.
An Alle:
Seit einigen Monaten verfolge ich was hier in diesem Forum geschrieben wird sehr aufmerksam, dazu komme ich noch später. Von Sterchen und auch von anderen hier habe ich als sog. „stiller Gast“ viele wertvolle, aber auch schmerzliche und traurige Informationen zu einer der wohl heimtückischsten Krankheiten erhalten. Deshalb möchte ich nun auch etwas zurückgeben und hier meine Geschichte erzählen:
Meine Mama wurde im Okt. 06 mit einer Lungenembolie ins Krankenhaus gebracht – genau an dem Tag, an dem wir ihren 65. Geburtstag feiern wollten. Tags darauf lag sie bereits auf der Intensivstation, wovon uns keiner in Kenntnis gesetzt hat. Bei unserem Besuch fanden wir eine andere Patientin im Bett meiner Mutter vor – mir blieb vor Schreck fast das Herz stehen. Erst auf mein Nachfragen am Schalter erhielt ich die Auskunft, dass meine Mum verlegt worden sei, weil man beim CT am Vortag „etwas“ entdeckt hatte. Das „etwas“ konnte uns keiner so genau erklären. Erst nach fast 3 Wochen und zig CT’s, Sonographien, MRT’s , Becken- und Lymphknotenbiopsie und was weiß ich noch alles, die bittere Wahrheit. Krebs. Schlecht differenziertes Adenokarzinom G3, man konnte sich noch nicht genau festlegen, da bereits überall Metastasen, vor allem aber in den Lymphknoten am Hals, an der Leberpforte, an der Bauchhauptschlagader, und an der Bauchspeicheldrüse waren. Man wusste erst mal nicht, ist es Bauchspeichelkrebs, Gallenblasenkrebs oder doch ein chollangiozelluläres Karzinom? Weitere Untersuchungen konnten nicht durchgeführt werden, weil diese operativ gewesen wären und meine Mum durch die Lungenembolie zu geschwächt war. Wie ich erst nachträglich von ihr erfahren habe, hat ihr der dortige Onkologe (wir leben in Österreich) die Wahrheit brutal ins Gesicht geknallt. Meine Mama sagte nachträglich, er hatte ihr das Gefühl, gegeben, sie sei selbst dran Schuld. Die Grundaussage des Arztes: Sie sei ja nicht einmal operationsfähig, hätte Glück, dass sie überhaupt noch am Leben sei. Es sei nicht mehr viel zu machen, höchstens noch ein paar Monate Lebenszeit – stationäre palliative Chemotherapie mit GEMOX (Gemzar und Oxaliplatin). Meine Mum hat erstmal alles verweigert, war total verstört (und ich kann Euch sagen, meine Mama ist ein zäher Knochen – die haut nicht so leicht was um!) und wollte vor allem diesem Arzt nicht mehr begegnen. So, natürlich eine zweite Meinung eingeholt. Das Ergebnis blieb leider das gleiche – die Behandlungsmethode auch, nur dass die Chemo ambulant durchgeführt wurde und sich meine Mum bei den Ärzten wo sie jetzt betreut wird gut aufgehoben fühlt – was sehr, sehr viel wert ist. Also seit Dez. 06 Behandlung, jeweils 1 x wöchentlich. Nach 6 Verabreichungen erste CT-Untersuchung im Jänner. Das Ergebnis erst mal erfreulich. Die Lymphknoten (Metastasen) haben sich allgemein zurückgebildet und man konnte den Krebs nun lokalisieren – definitiv Gallenblasenkrebs. Leider hat meine Mama den Stoff Oxaliplatin nicht gut vertragen und hatte starke Nebenwirkungen, bis hin zur Atemnot. O. wurde also im 2. Zyklus abgesetzt. Sie bekam nur mehr Gemzar. Das hat sie zwar besser vertragen, nur leider bei der 2. CT-Untersuchung im März hat sich herausgestellt, dass Gemzar alleine nicht anschlägt und der Tumor weiter gewachsen ist. Die weiteren geplanten Chemotermine wurden also erst mal abgesagt und man teilte ihr mit, dass man jetzt einfach mal zuwarten würde und dass sie versuchen würden in der Zwischenzeit was „Neues“ auszutüfteln. Mir scheint es fast so, als hätte man aufgegeben. Nun hab ich hier ja einiges von Xeloda und Antikörpertherapie gelesen und meiner Mama beide Begriffe aufgeschrieben und sie gebeten dies bei ihren Vorgesprächen zu ihrer „letzten“ (das wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht) Chemo dem behandelnden Arzt gegenüber anzusprechen. Hat sie auch gemacht, hat dem einfach den Zettel unter die Nase gehalten und gefragt, ob er damit etwas anfangen kann, ohne zu sagen woher sie die Information hat. Mit Antikörpertherapie konnte er schon mal gar nix anfangen und sagte, die käme bei Krebs nicht in Frage. Bei Xeloda meinte der an diesem Tag diensthabende Arzt – leider wurden die Begleitgespräche zur Chemo nicht immer vom selben Arzt durchgeführt – dass man schon überlegt hätte, ihr diese zu verschreiben. Meine Mama hatte aber gleich den Verdacht, dass die in Wahrheit noch gar nicht daran gedacht haben. Warum sie dann doch nicht verschrieben haben, ist mir nicht klar. Das größte Problem ist nämlich, dass ich ca. 300 km entfernt wohne; zwar versuche fast jedes oder zumindest jedes zweite Wochenende nach Hause zu fahren, aber konnte eben bei all den Terminen nicht persönlich anwesend sein. Tatsache ist, dass es meiner Mama immer schlechter geht. Bis dato hatte sie noch nicht allzu große Schmerzen, aber nun geht es richtig los. Schlimme Schmerzen in der Gallenblase und im gesamten Bauchraum, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, all das was ich hier von Betroffenen immer wieder lese. Allerdings hatte sie bisher keine Wasseransammlungen im Bauchraum und auch die Gallengänge sind frei. Bis dato musste kein Stent gesetzt werden, wohl deshalb weil sich ihr Tumor vor allem in der Leber breit macht. Das furchtbarste für mich ist die Hilflosigkeit. Man möchte und würde so gerne alles nur mögliche und unmögliche tun, wenn es nur bloß etwas gäbe was man tun könnte, aber es gibt nix, außer zuzuhören, so oft es geht da zu sein, Geschichten erzählen, ablenken und vor allem nicht merken lassen, wie sehr man selber leidet. Es ist schrecklich, zu beobachten wie (rasch) sich die Situation verschlimmert. Mein Pa ist mit der Situation auch hoffnungslos überfordert. Er hält wacker durch, doch ist er selber nicht bei bester Gesundheit und geht in all der Sorge um Mama irgendwie unter. Mir ist das bewusst, nur ich kann nicht viel dagegen tun. Möchte mich hier auch gar nicht weiter ausjammern, ihr alle wisst ja wovon ich spreche und ich denke, es geht uns allen ähnlich. Nur soviel noch: Meine Mama hat am 04. Juni wieder einen Termin in der Onko und davor möchte ich dem zuständigen Oberarzt einen Brief schreiben mit dem Hinweis die Therapien von denen hier im Forum berichtet wird, anzudenken. Auch haben wir es so arrangiert, dass meine Schwester bei dem Gespräch dabei sein wird. (Traurige Randnotiz: Meine Schwester liegt zur Zeit selber mit einer Borreliose im Krankenhaus). Komplementär verabreicht sich meine Mama selbst auf Anraten einer lieben Freundin und Pharmareferentin die Mistelinjektionen 3x die Woche. Auch das ist am Land (wo meine Eltern leben) sehr schwierig, da es keine Ärzte gibt die sich damit auskennen oder arbeiten. Meine Mum macht das quasi in Eigenregie und ich glaube, dass es vor allem während der Chemo doch einiges gebracht hat im Hinblick auf die Verträglichkeit. Auch hat sie bis vor kurzem noch beinahe alles essen können. Habe für meine Mama auch – wie alle hier greife ich, und seien sie auch noch so kümmerlich, nach allen Strohhalmen – in Deutschland diese mit Vitamin B17 (Laetril) angereicherte Nahrungsmittelergänzung bestellt. War ziemlich teuer und leider hat sich herausgestellt, dass sie, wenn gleichzeitig blutverdünnende Mittel (die sie sich wegen der Embolie selber spritzen muss) verabreicht werden, keinesfalls angewandt werden darf – wieder eine Hoffnung weniger. Sag es ganz ehrlich, bin ich richtig verzweifelt und weiß nicht mehr weiter. Habe mir neulich noch die hier genannten Schmerzmittel aufgeschrieben und hoffe, dass ich meine Mum doch noch überzeugen kann sie zu nehmen. Sie weigert sich nämlich noch immer gegen Schmerzmittel aller Art, weil sie sich nicht völlig „zudröhnen“ und ihr Leben und ihre Wahrnehmung nicht noch mehr einschränken möchte, was ich auch durchaus verstehen kann. Die Novalgin-Tropfen helfen ihr auch nicht wirklich, sie bekommt davon höchsten starke Schweißausbrüche. Bloß ich halte es nicht aus sie leiden zu sehen. Wollte mit meiner story gar nicht so ins Detail gehen, aber mir fließen die Worte nur so heraus seit ich mich entschlossen habe, hier zu schreiben. Mache also erst mal Schluss, wünsche Euch allen das Beste, nach dem Motto – geteiltes Leid ist halbes Leid...
Epona