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Alt 28.04.2003, 22:54
Gast
 
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Standard Partner bleibt allein zurück - Wer weiß Rat?

Liebe Jutta!

Du hast Dich ja dafür interessiert, wie das Treffen mit meiner Mutter verlief. Naja, ich hab sie inzwischen dreimal (allein) getroffen und hab das Gefühl, es wird immer schlimmer für sie.

Bei dem ersten besagten Treffen hab ich nochmal anklingen lassen, dass sie jederzeit eine weile zu uns kommen könnte, aber hab keinen Druck gemacht und das eigentlich nur gesagt, damit sie weiß, dass ich für sie da bin. Aber sie ist nicht drauf eingestiegen und ich wollte auch nicht nachbohren.

Weil Du auch den Link von Ladina angesprochen hast: Ist sicher eine interessante Seite, aber ich muss sagen, ich fühl mich in diesem Forum wesentlich wohler - ist nur meine subjektive Meinung. Ich kann´s schlecht beschreiben, aber irgendwie ist der Austausch hier intensiver.

Liebe Nadine! An dieser Stelle möcht ich mich auch bei Dir nochmal bedanken, dass Du Dich so intensiv mit mir bzw. meinem Thema auseinander gesetzt hast. Ich fühl mich Dir insofern auch etwas mehr verbunden, als ich mein Leben völlig auf meinen Partner ausgerichtet habe und außerdem auch irgendwie ein Einzelgänger geworden bin (ohne es zu wollen, aber wahrscheinlich bin ich ein etwas eigenartiger Mensch). Oft bin ich wie zerrissen: Manchmal fehlt mir Gesellschaft, aber meistens möcht ich gar niemanden um mich haben. Einen wirklich engen Vertrauten, mit dem ich alles bereden kann, hab ich eigentlich nicht. Das Schreiben hier (und natürlich auch Lesen der Antworten) hat mir geholfen und mich auch dazu gebracht, mich mal meiner eigenen Trauer zu widmen.
Ich muss ja nun auch sehr stark und sachlich und engagiert und was weiß ich noch alles sein, schon meiner Mutter zuliebe. Dazu hab ich mich noch mit Arbeit zugeschüttet, um nur ja nicht auf "blöde" Gedanken zu kommen. Nach und nach merke ich jetzt, wie nahe mir der Tod meines Vaters eigentlich geht - das Faktum ist zwar eingetreten, aber es dauert doch, bis man realisiert, was das tatsächlich bedeutet.
Vor allem krieg ich das Bild nicht weg, als wir nach der Nachricht nochmal ins Krankenhaus gefahren sind und an seinem Bett standen. Diese starren Augen verfolgen mich und tauchen ständig irgendwo auf.

Da ist übrigens auf jeden Fall ein Schuldgefühl bei meiner Mutter zu finden: Sie macht sich zum Vorwurf, nicht bis zuletzt bei ihm gewesen zu sein (er starb um Mitternacht). Das gelang ihr schon bei ihrem eigenen Vater nicht - auch er starb wenige Stunden, nachdem sie das Krankenhaus verlassen hatte.

Im Moment erlebt meine Mutter regelrechte Panik-Attacken. Sie hat schreckliche Angst, allein nicht zurecht zu kommen und konstruiert richtig Angst-Gebäude. Das sie die Schulden nicht abbezahlen kann, dass sie das Haus nicht halten kann, dass sie keine Pension kriegt - lauter solche Dinge. Je länger sie über ein Thema nachgrübelt, desto höher wird der Angst-Turm. Sie kriegt Herzrasen, kann nicht mehr essen, nicht mehr schlafen. Sie tut, als wär sie mutter-seelen-allein und kein Mensch würde ihr beistehen.
Wenn ich dann das im Moment aktuelle Thema, das ihr gerade Angst macht, ganz ruhig mit ihr durchspreche und Lösungswege aufzeige und immer und immer wieder sage, dass die ganze Familie für sie da ist und hilft, kommt es mir vor, als höre sie gar nicht zu. "Ich werd das alles nicht schaffen", sagt sie immer nur. Und eines hat auch mich die Erfahrung schon gelehrt: Ganz egal, welche Einstellung man hat, man behält recht.

Jedenfalls sehe ich, dass die Panik bei ihr immer stärker wächst. Und ich stehe wieder da und weiß nicht, wie ich sie noch beruhigen soll. Auch ein Psychotherapeut konnte ihr nicht helfen und zum Thema Anti-Depressiva: Ich weiß nicht, wie lange ihr Magen noch durchhält, wenn sie noch mehr Tabletten schluckt.
Ich fände es gut, wenn sie in dieses Forum einsteigen würde, aber den PC fürchtet sie ja genauso wie alles andere. Am liebsten würde sie davonlaufen, sagt sie.

Dieser Gedanke überkommt mich jetzt selbst schon gelegentlich. Oft möchte ich so vieles tun und kann mich zu nichts wirklich aufraffen.
Im Moment muss ich auch selbst auf eine Diagnose warten - eine Untersuchung bei meinem Gynäkologen war nicht OK. Jetzt wurde sie wiederholt, damit es Klarheit gibt. Mitte Mai wird der Pathologe Bescheid geben. Manchmal bin ich fast froh, dass mich die Probleme mit meiner Mutter von der Warterei ablenken.

Viele Grüße an Jutta und Nadine,
Ulli
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