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Alt 21.04.2003, 13:32
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Standard schlimme gedanken

Hi Mucki,
ich komm noch mal hier, aber nachher mach ich Pause für heute (grins!). (Der "Urwald" muss zwischendurch ein bisschen schlafen, hihi!)

Ja, was Du so erzählst, erinnert mich doch seeeehr an meine Schwester!
Stimmt schon, was die Familie betrifft, so kommen Verletzungen viel stärker an einen ran. Die Familie "kennt" man auch ganz genau, und auch DIE kennen einen sehr gut, mit allen Stärken und Schwächen. Dann kommt da noch die Liebe hinzu, gewollte und auch abgewiesene; also diese Menschen stehen uns halt schon sehr nahe.
Das selbe empfinde ich bei meiner Schwester. Da ist eine Schwesternliebe da, aber meine Schwester ist eben so völlig anders als ich, so dass wir uns wohl nie richtig verstehen werden.
Gerade WEIL sie meine Schwester ist (und ich ja nur eine einzige Schwester habe), kommt da das Bedürfnis, Friede miteinander haben zu wollen, dass man sich lieb hat und sich gut versteht.
Wir haben beide die selbe Kindheit durchgemacht, haben beide vieles gemeinsam erlebt, und das "bindet" sehr. Manchmal fühlte ich mich meiner Schwester näher, als jeder anderen Freundin überhaupt.

Aber ... jetzt komm ich wieder mit meiner "Fremd-Betrachtung", ... ich hab' mir auch schon oft gesagt: Wenn jetzt meine Schwester NICHT meine Schwester wäre, so würde ich gar nie eine Freundschaft mit ihr haben können! Weil sie oberflächlich ist, weil sie keine eigene Meinung vertreten kann, weil sie nicht fähig für eine Freundschaft ist, weil sie eigentlich ... (man möge mir den Ausdruck verzeihen) ... richtig hohl ist!
Freunde sucht man sich ja aus, gell? Richtig. Würde ich sie also "fremd" mal kennen lernen, würde ich weniger Interesse an einer Freundschafts-Beziehung mit ihr haben. (Gibt's ja, diese Symphatien und Antiphatien.)

Aber da sie nun mal meine Schwester IST, und dann noch dazu meine einzige, so bin ich an sie "gebunden", oder wie ich das formulieren soll. Gebunden an einen Teil der Blutsverwandschaft, und da kann ich mich drehen und wenden wie ich will, sie ist und bleibt eben meine Schwester.
Jetzt fällt's mir da nämlich auch viel schwerer, einen grossen Bogen um sie zu machen, auch wenn sie mich noch so nervt oder sie mich immer wieder verletzt. Ich kann zwar "Abstand" halten so gut es geht, ... aber familiär gesehen werden wir uns immer wieder im Leben über den Weg laufen, also gibt's da gar keine richtigen Chancen zum "flüchten".
Aber irgendwann, eines Tages, werden wir uns auf jeden Fall wieder gegenüber stehen, am Sterbebett des anderen, und genau DA kommen dann die ganzen Verletzungen, Probleme und Schuldgefühle wieder hervor. Nie ist was geklärt worden, nie wurde darüber gesprochen, aber hier quillt alles wieder wie ein Sprudel hervor. - Und dann stellt sich die Frage, ob man noch Zeit hat, die Dinge miteinander zu klären, ob man noch die Möglichkeit hat, sich in die Arme zu nehmen?

So belasten wir uns aber nur selber unser ganzes Leben lang. Jeder Tag, an welchem wir nichts tun, kann ein verlorener Tag sein. Klingt vielleicht krass, aber ich empfinde es für die Beziehung mit meiner Schwester so. Ich weiss genau, dass etwas geschehen muss, dass ich etwas tun muss, aber ... das Problem ist eben: Sie ist völlig ANDERS als ich!
Ja, wir hatten zwar die gleiche Kindheit, wir sind Schwestern, uns verbindet sehr viel, aber ... das bedeutet nicht, dass wir uns genau gleich entwickelt haben. Sie ist eben SIE, und ich bin ICH. Ich kann sie nicht ändern, mir bleibt eigentlich gar nichts anderes übrig, als sie so zu akzeptieren, wie sie ist. Sie ist - genau so wie ich - eine eigenständige Persönlichkeit, mit Fehlern mehr oder weniger als ich. IHREN Weg des "Wachsens" im Leben kann ich ihr nicht bieten, den muss sie selber gehen.

Das einzige, was ich höchstens tun kann, das ist, mir zu überlegen, wie ich mich vor ihren weiteren Verletzungen schützen kann. Nicht mit blossem Rückzug (das hab ich auch schon mal probiert, aber eben: Unsere Wege kreuzen sich gezwungenermassen immer wieder!), sondern mit dem KÜNFTIGEN Umgang mit ihr! DA muss ich ansetzen!

Weisst Du, wie ich meine, Mucki?

Ich finde übrigens, dass Du Dich gut ausdrücken kannst. Gerade mit Beispielen. Die Beispiele sind ja unsere Erlebnisse.

Darf ich meine "Urwald"-Gedanken hier auch einfach mal so stehen lassen? ;-)
Soweit grüsse ich Dich auch ganz lieb, Mucki, dicken Drücker, ja?
Bis dann!
Liebe Grüsse von
der "krassen" Brigitte
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