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Alt 25.05.2006, 23:39
lamandarina lamandarina ist offline
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Standard AW: hirnmetastasen, wer hat erfahrung????

Hallo ihr Lieben,

habe seit vielen Tagen nicht mehr hier geschrieben und gelesen, denn ich habe endlich begriffen, dass das ständige sich beschäftigen mit der Krankheit auch dazu führen kann, dass man noch tiefer in das ohnehin schon viel zu tiefe Loch der Traurigkeit und der Ohnmacht fällt. Und doch zieht es mich dann nach einigen Tagen wieder hierher zurück … Nachdem ich mich mal wieder ganz unten gefühlt hatte, musste ich mich einfach einige Tage von dem ständigen Gedanken an die Krankheit zurückziehen; jetzt geht es mir wieder etwas besser. Ich bin zwar immer noch ständig erschöpft und müde, aber ich habe jetzt realisiert, dass ich – wir alle – irgendwie damit leben müssen und diesen Zustand hinnehmen. Bei mir hat das 5 Wochen gedauert – seit der Diagnose.

Es ist so rührend zu lesen, wie sehr sich hier jeder um seine Lieben, die so schrecklich krank sind, kümmert und aufopfert (obwohl man das gar nicht als solches empfindet, denn man kann ja einfach gar nicht anders, vor lauter Liebe …). So empfinde ich das; aus vielen der Beiträge spricht diese enorm starke Liebe zu unseren Müttern und Vätern, die unter dieser heimtückischen Krankheit leiden. Wir alle hier beweisen eine enorme Kraft, und das spüren unsere Lieben, da bin ich mir ganz sicher.

Die OP meiner Mama ist nun mittlerweile fast 2 Wochen her. Die erste Woche danach war schrecklich, sie hatte Ausfallserscheinungen und war so schwach. Wir haben wirklich befürchtet, dass sie nun aufgegeben hat. Eines Tages war ich dann allein bei ihr im Krankenhaus, ich habe mich über ganz Alltägliches mit ihr unterhalten, ihr Gesicht massiert und sie gestreichelt, es war diese Vertrautheit und Liebe zwischen uns, und plötzlich war es wieder da, dieses Leuchten in ihren Augen. Seit diesem Tag geht es bergauf mit ihr. Sie möchte leben und gesund sein, und hat sich so lange immer wieder Mühe gegeben, bis sie wieder alleine aufstehen, sich allein anziehen, allein einige Schritte laufen und auch ihre Hand bewegen kann, die nach der OP völlig unbrauchbar war. Ich liebe und bewundere sie so sehr!
Gestern sagte sie: ich habe Ziele vor meinen Augen, für die möchte ich wieder gesund werden – ja, das gibt ihr eine unendliche Kraft. Ich bin so stolz auf sie! Trotz der Traurigkeit bin ich seltsam glücklich …

Seit 2 Tagen bekommt sie nun Bestrahlungen, bisher verträgt sie diese auch ganz gut – bis auf leichtes Fieber und Müdigkeit. Sie nimmt zusätzlich H15, Enzyme, Selen, Zink und hohe Dosen Vitamin C. Sie stellt sich jeden Tag bildlich vor, wie diese Medikamente und auch die Bestrahlung die schwachen Krebszellen noch schwächer machen. Ich bin mir sicher, dass die Psyche eine ungeheuer große Rolle spielt. Ich wünsche ihr so, so sehr, dass es weiter bergauf geht, dass sie es auch zum 4. Mal schafft, die Krankheit mit ihrer Kraft zum Stillstand zu bringen. Die Hoffnung ist sehr stark.

Mit ihr in der Strahlenklinik ist eine 70jährige Frau; sie bekam die gleiche Diagnose wie meine Mama, vor 20 (!!!) Jahren, und die hat ihr Mut gemacht. Hat zwar nun wieder Metastasen, aber nichts ist unmöglich! Jeder Mensch ist individuell, und 20 Jahre sind doch enorm, oder? Das macht wirklich Mut!

LAMANDARINA

Liebe Iris,

ich lese jeden Deiner Beiträge und bin immer sehr betroffen … Du bist so eine unendlich starke Person! Die Kräfte, die Du trotz allem für Deine Familie aufbringst, sind enorm. Ich drücke Dir die Daumen, dass Du Deine Reha bekommst, damit Du wieder zu Dir finden kannst und endlich auch einmal wieder Du (!) umsorgt wirst. Versuche, Dich auf Dich selbst zu besinnen, und behandle Dich so gut, wie Du sonst immer nur die anderen behandelst. Die sind bei der Reha ganz weit weg, und so hast Du Zeit für Dich selbst. Ich möchte Dir gern einen Rat geben: lerne bei dieser Gelegenheit, egoistisch zu sein! Sage, was Dir das Herz schwer macht, oft ist das bei fremden Menschen etwas leichter, denn man nimmt nicht solche (falsche) Rücksicht, wie bei der eigenen Familie. Versuche, NEIN zu sagen, vielleicht zunächst im inneren Dialog mit Dir selbst. Das macht Dich stark dafür, wenn Du aus Deiner Reha zurück in den Alltag musst. Wenn auch indirekt, wird auch Deinem Mann Deine Reha sehr gut tun, denn plötzlich bist Du nicht mehr da, und er wird merken (mit Schrecken!), wie sehr Du fehlst. Denn plötzlich ist das, was für ihn immer selbstverständlich war, nicht mehr selbstverständlich. Er muß sich kümmern, wenn der Kühlschrank leer ist usw. Und nach einigen Tagen wird sich das schlechte Gewissen einfinden. Ich hoffe so sehr für Dich, dass er dafür Worte finden kann und diese dann nach Deiner Rückkehr auch in die Tat umsetzen kann. Vielleicht hast Du ja bei der Reha einen guten Psychologen, der Dich unterstützen kann. Mit seiner Hilfe, oder auch allein, könntest Du doch Deinem Mann, wenn Du erst einmal weg bist, einen Brief schreiben, mit all Deinen Gedanken, die Du bisher nicht aussprechen konntest, vielleicht auch mit Vorwürfen und Wut. Lass ihn gnadenlos wissen, wie Du Dich fühlst. Ein Brief ist (aus meiner Erfahrung) in solchen Situationen oft der bessere Weg, denn er ist nachhaltig. Dein Mann wird ihn nicht nur einmal lesen. Und im Gegensatz zu einem (Streit-) Gespräch, kann er Deine Worte nicht zurückweisen oder Dich stehen lassen, sondern ist allein damit konfrontiert. In einem Brief traut man sich auch oft zu, mehr zu sagen und es geht auch viel einfacher; zudem ist es eine Befreiung, sich endlich alles von der Seele zu schreiben. Vielleicht ist das ja ein Weg für Dich, ich wünsche Dir alles Glück dieser Welt. Bei mir hat es funktioniert, bei meinem Freund ist ein Damm gebrochen, und endlich hat er kapiert, was in meinem Inneren tobt – dann hat er mit mir geweint. Langsam finden wir wieder zueinander.


Ganz viel Kraft und eine dicke Umarmung!

LAMANDARINA

Geändert von gitti2002 (03.09.2014 um 15:17 Uhr) Grund: Beiträge zusammengeführt
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