Einzelnen Beitrag anzeigen
  #777  
Alt 03.08.2005, 14:09
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

HEUTE HAT MEIN PAPA GEBURTSTAG

Alinas Geburtstag werde ich nie vergessen. Einen Tag vor meinem Papa.

Er war ein Sonntagskind. Und als ein solches fühlte er sich sein ganzes Leben lang.

Sein Leben war lang, gut und selbst bestimmt. Die Voraussetzungen waren nicht so toll, aber als gute Feen ihre Gaben verteilten hat er wohl immer HIER geschrieen. Er sah ziemlich gut aus, er war unglaublich charmant, nicht diese ölig dandyhafte Art, sondern mitreißend, fröhlich. Er hatte viele Talente und hatte genügend Biss sie einzusetzen, was daraus zu machen. Er war extrovertiert, impulsiv, großzügig in jeder Beziehung.

Eine Eigenschaft bewunderte ich besonders. Wenn er einen Plan hatte und das lief dann nicht so, konnte er von einer Minute auf die andere alles abblasen, glaubhaft versichern es sei ein einziges Glück, dass es ein Ende gefunden habe um sich voll Elan, mit hundertprozentigem Einsatz einer neuen Sache zu widmen.
Mit so einer Einstellung gibt es nichts zu bereuen!

Er hat immer viel Glück gehabt. Vor dem Krieg. Im Krieg. Nach dem Krieg. Mit den Menschen in seinem Leben. Er war sich dessen auch bewusst und im Alter war er oft erstaunt darüber wie einer so viel und oft Glück haben kann.

Die Menschen beurteilte er was sie sind und was sie haben. Er mied Kranke, Traurige, Menschen mit Problemen. Damit wollte er nichts zu tun haben. Da habe ich mich oft gerieben mit ihm. Lange dachte ich er sei sich zu gut dafür. Vielleicht war es zum Teil auch so. Aber er hatte auch Angst davor. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass er am Ende seines Lebens über seinen eigenen Schatten springen kann, doch es war so, er hat sich geändert.

Sein Geburtstag war immer ein Festtag. Er ließ sich feiern. Er war immer gerne gut angezogen und an diesem Tag war Festkleidung angesagt. Zum Mittagessen gab es seine Lieblingsspeise. Gefüllte Kalbsbrust. Das Fleisch nicht von der Brust, sondern von der Schulter. Die Fülle aus, glaube ich, passiertem Weißbrot, Eiern, Petersilie. Das alles köchelt langsam in einer Paprikasauce. Dazu Rotkohl mit Wein, Äpfel und Kastanien. Reis. Danach eine Dobostorte. Acht, einzeln gebackene Biskuitböden, der oberste mit Karamellglasur, gefüllt mit Schokoladecreme. Seit Mamas Tod habe ich nie mehr so ein Menue gegessen.

Wenn ihn seine Geschenke von Herzen freuten, dann war seine gezeigte Freude überwältigend. War das nicht so, zeigte er es auch.
Es war für ihn immer selbstverständlich, dass wir seine sämtlichen Körpermasse kennen, wissen, welche Kleidung ihm passt, er braucht, er mag. Das gleiche galt für seine Bücher, seine Musik, seine Wünsche.
Und genauso selbstverständlich war, dass er das alles von uns nicht wusste.

Wenn er Geburtstag hatte bekamen wir immer Geld von ihm. Jeder gleich viel. Ich glaube dieser schöne Brauch ist selten!

Heute hat mir jemand gesagt ich habe den gleichen stolzen aufrechten Gang wie er. Gestern sagte mir jemand ich werde immer mehr wie die Mama. Ich bin so froh, dass ich beides als Ehre empfinde.

Heute wäre Papa 93 geworden.