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Alt 31.10.2004, 06:53
Gast
 
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Standard chron. lymp. Leukämie

seit fast 3 Jahren habe ich zum ersten Mal wieder in den KK geschaut. Damals ging es allerdings nicht um meine CLL, sondern mein Mann ist anfang 2002 an Magenkrebs verstorben.
Die täglichen "Besuche" im KK haben mir damals sehr geholfen, denn plötzlich stand ich allein mit meiner CLL da. Familie hatte ich nicht und die sogenannten "Guten Freunde" gab es nicht mehr seit bei meinem Mann im November 2001 die entsetzliche Diagnose gestellt wurde.
Heute habe ich, bedingt durch meine CLL mal wieder eine ziemlich schlaflose Nacht wegen der lästigen nächtlichen Schweißausbrüche.
Ich bin jetzt 52Jahre und lebe mit meiner CLL seit April 96. Bekam diese Diagnose als Geburtstagsgeschenk zu meinem 44.Geburtstag.
Die ersten 3 Wochen waren damals entsetzlich! Leukämie, daß bedeutet ja schon bald zu sterben, so waren meine Gedanken.
Und wer will das schon mit 44Jahren?! Mein Mann war so betroffen und weinte, hatte Angst mich zu verlieren.
Habe mich dann erst mal kundig gemacht was es mit dieser Leukämie auf sich hat. Zum Glück geriet ich an einen sehr kompetenten Hämatologen, der mir alles genau erklärte. Natürlich erklärte er mir auch, daß diese Krankheit bei jedem Menschen anders verläuft und er sich hüten wird mit irgendwelchen Prognosen.
Nach 2Monaten, der erste Schreck, meine Leuko`s hatten sich in kurzer Zeit verdoppelt und ich bekam die erste Chemo mit Leukeran. Nach 14Tagen waren meine Werte wieder o.k. und ich hatte keine Beschwerden. Auf Anraten meines Arztes gab ich meine Arbeit auf, sie war sehr stressig und ich hatte viel Kontakt mit Menschen. Auf Grund der Infektanfälligkeit sollte ich es vermeiden, mich den ständigen Gefahren einer Ansteckung, auszusetzen. Seitdem bin ich EU-Rentnerin.
Wir hatten ein großes Grundstück und ich hatte auch viele Tiere
(Hundezucht), so hatte ich meine Beschäftigung.Trotzdem fehlte mir der Umgang mit den vielen anderen menschen schon sehr und es war ja auch finanziell wesentlich schlechter als vorher. Natürlich dachte ich damals viel darüber nach wie sich nun unser Leben mit der Krankheit weiter gestalten läßt.
Mein Arzt hatte mir gesagt, daß ich mit dieser Krankheit eine normale Lebenserwartung haben kann ohne große Einschränkungen. So sagte ich mir dann, was soll´s? Seitdem ging ich alle 3 Monate zur Blutuntersuchung, die Werte schwankten, waren aber nie bedenklich und ich mußte auch keine Chemos bekommen.
Ich dachte einfach nicht mehr an diese Krankheit, sie war für mich einfach nicht vorhanden. Am Anfang ging ich kurze Zeit in eine Selbsthilfegruppe.Allerdings muß ich sagen, machte mich das eher depressiv, denn dort wurde dann natürlich über Krankheit und Schmerzen und Beschwerden und sterben gesprochen.
Nein, das mußte ich nicht haben! Ich wollte schließlich leben und mich nicht ständig selbst beobachten, ob sich vielleicht etwas verschlechtert. Habe also ganz normal gelebt als wäre nichts geschehen. Sicher, ich hatte oft diese nächtlichen Schweißausbrüche und am nächsten Tag ist man dann ziemlich down.
Oft hatte und habe ich auch stark angeschwollene Lymphknoten, vorallem im Halsbereich, ich ignoriere sie einfach und sie gehen tatsächlich zurück.
Das Eionzige was ich nicht ignoriren konnte, war der tatsächlich stattfindende Leistungsabfall. Ich war immer eine sogenannte"Powerfrau" gewesen und konnte am Stück von früh bis abend schaffen, daß funktionierte nicht mehr.
Also verkauften wir unser großes Grundstück und nahmen uns dafür ein kleineres Haus und Grundstück in einer ländlichen Gegend mit gesunder Luft. Diese Idylle hielt dann nur ein Jahr.Als mein Mann verstarb konnte ich nicht in diesem Haus bleiben, alles erinnerte mich an ihn. Noch bevor ich es verkauft hatte, zog ich panikartig zurück in die Stadt in eine Wohnung. Plötzlich hatte ich wieder Angst vor meiner Krankheit bekommen. Niemand war da, der mit mir zum Arzt konnte, sollte es mir schlechter gehen.Wir hatten ja unser neues Haus 35Km von der Stadt und meinem Arzt entfernt gebaut.
Dann saß ich da in meiner Wohnung, allein mit meinem kleinen Hund und fing an mit meinem Schicksal zu hadern. Dachte auch ständig an meine Krankheit. Jedes Kratzen im Hals und jeder "Nieser" machten mir sofort Angst. Ich fing an abzunehmen. Ich war sehr übergewichtig(91Kg bei 170cm, nach 5Monaten wog ich nur noch 61Kg. Natürlich war ich nicht traurig darüber diese lästigen Kilo abzunehmen, aber ich schob alles auf meine Krankheit. Meine Werte waren trotzdem stabil, aber ich konnte nicht mehr stark sein und bildete mir ein, daß nun bald was Schlimmes mit mir passieren muß. Da ich Niemandem zum Reden hatte, ging ich zu Psychologen. Es tat zwar gut mal mit jemandem zu reden, aber es half mir nicht. Ich fiel in ein total schwarzes, tiefes Loch aus dem es kein Entrinnen gab.
Schließlich kam es so wie es kommen mußte, meine Werte wurden schlechter und schlechter, ich sollte ins Krankenhaus. Das wollte ich auf keinen Fall, denn ich hätte in dem Krankenhaus liegen müssen in dem mein Mann gearbeitet hat und auf der onkologischen Station auf der er gestorben ist.Mein Hämatologe sagte zu mir, die Chemo könnten wir auch ambulant machen, aber es müßte wenigstens jemanden geben, der sich mal um sie kümmert und nach ihnen sieht. In meinem Anwalt hatte ich einen sehr hilfsbereiten Freund gefunden. Er fuhr mich zu den Arztterminen, versorgte mich mit Einkäufen und blieb abends stundenlang bei mir sitzen damit ich nicht allein sein mußte und damit ich esse. Die erste Chemo brachte noch nicht den gewünschten Erfolg und es folgte gleich danach die Nächste. Es ging mir entsetzlich schlecht und nicht nur einmal dachte ich daran, es einfach zu beenden...
In diesen Monaten seit mein Mann tot war, hatte ich eine Freundin durch den Krebkompass kennen gelernt, deren Mann auch verstorben war. Leider wohnte sie fast 700Km von mir entfernt, aber wir schrieben uns mehrmals täglich. Mein Anwalt und Freund
hatte seine Familie, welche er 14tägig besuchte, ca. 100Km entfernt vom Wohnort dieser Freundin. Er versprach mir, wenn es mir besser geht, dann nimmt er mich mit und ich kann diese Freundin endlich auch persönlich kennen lernen. Das wollte ich unbedingt schaffen! Ich schaffte es tatsächlich. Nach der zweiten Chemo waren meine Werte wieder so gut als sei es nie anders gewesen. Ich fuhr dann mit nach Rheinland-Pfalz und sah meine Freundin und verbrachte mir ihr ein wunderschönes Wochenende. Seit dieser Zeit vor reichlich 2Jahren bin ich viele Male mitgefahren. Nun hatte ich wieder etwas wöfür ich lebe! Im vorigen Frühjahr hatte ich das Glück, einen lieben Mann kennen zu lernen. Erist 59Jahre und hat eine kleine 9jährige Tochter welche mich sofort liebgewonnen hat. ich hatte nie in meinem Leben Kinder und wollte eigentlich auch gar keine. Nun bin ich mit 51Jahren Mutti geworden und kann es mir anders gar nicht mehr vorstellen. Meine Krankheit ist für mich nicht vorhanden und die letzte Blutkontrolle hat es bestätigt. Von meinen über 80000 Leuko´s welche ich meist hatte, sind noch zwischen 22000 und 30000 übrig und das schon seit 18Monaten ohne jegliche Medikamente! In der Zwischenzeit habe ich meine Stadtwohnung wieder aufgegeben und lebe nun mit meiner kleinen Familie und wieder vielen Tieren in einer ländlichen Idylle.
Meiner Freundin und meinem Anwalt und Freund bin ich heute unendlich dankbar dafür, daß sie mir geholfen haben, wieder Freude am Leben zu haben und dieser CLL die Stirn zu bieten.
Was will ich mit meinem "Roman" sagen? Natürlich verläuft diese Krankheit bei Jedem anders. Es gibt inzwischen viele gute Medikamente. Es gibt auch viele miese Typen, welche aus der Not und Angst kranker Menschen Kapital schlagen wollen(habe es selbst oft erlebt)Da werden werden sogenannte "Naturheilmittel" anboten (Aloe Vera etc.) welche wahre Wunder bewirken sollen. Sie bewirken nichts, außer das man vielleicht öfter zur Toilette muß.
Natürlich sollte man schon gesundheitsbewußter leben, auch gibt es sicher ein paar Dinge welche man zur eigenen "Beruhigung" nehmen kann(Mistel z.B.), aber Leute, laßt Euch nicht in Eurer Angst von irgendwelchen Scharlatanen das Geld aus der Tasche ziehen! Auch der liebe Gott kann Euch nicht helfen!(ich weiß, jetzt gibt es ein paar Aufschreie)
Das beste Mittel ist ein guter erfahrener Hämatologe, der einen nicht ständig mit allen möglichen Medikamenten vollstopft, sondern sehr gewissenhaft und wohldosiert damit umgeht. Und, sehr wichtig ist eine positive Lebenseinstellung, gute verständnisvolle Freunde bzw. Familie.
Ich bin heute, nach meinen Erfahrungen schon der Meinung, daß die CLL zwar bisher nicht heilbar, aber mit einer gesunden Psyche, für viele Jahre in den Griff zu bekommen ist.

ich wünsche allen Betroffenen alles Gute, wer will, kann mir gern schreiben!
Christiane
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