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Alt 05.12.2016, 08:58
chrigele chrigele ist offline
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Standard AW: Lymphdrüsenkrebs mit 81

Liebe Dream

Wir haben alle unsere eigene Vorgeschichte, unsere eigene Vergangenheit, unsere genetische Veranlagung und unsere eigene Erziehung erhalten und nicht zuletzt unsere eigenen Erfahrungen gemacht.

Meine Geschichte ist eine andere als Deine, trotzdem haben wir auch unsere Gemeinsamkeiten. Im September habe ich meine Mutter mit in den Tod begleitet, sie ist 94 Jahre alt geworden. Meine Mutter hat ihren Mann 25 Jahre liebevoll gepflegt, er hatte kurz nach seinem 50 Geburtstag einen Unfall und war seit da querschnittgelähmt. Meine Mutter war eine tolle Frau, die immer für andere da gewesen ist, so wie Deine liebe Mama.

Ich möchte hier nicht einen ganzen Roman schreiben, deshalb eine Kurz- von einer Kurzversion.
Meine Mutter hatte keinen Krebs, sondern eine kaputte Blase und lebte seit 15 Jahren mit einem suprapubischen Katheter. Ich möchte damit nur sagen, dass sie kein leichtes Leben hatte, dass sie sich stehts um andere gekümmert und auch einen starken Lebenswillen gehabt hat. Sie hat schon einige Jahre vor ihrem Tod gesagt, dass sie nicht mehr länger leben möchte, dass sie einfach genug habe und ihr Leben gelebt hätte. Für uns Kinder waren solche Diskussionen nicht einfach und manchmal auch nur nervig, weil wir genau wussten, dass unsere Mutter das nicht ernsthaft wollte. Wir habe immer sehr offen miteinander geredet, auch über unangenehme Themen, wie über den Tod oder übers sterben im allgemeinen.
Das hat sich aber von einem Tag auf den anderen geändert, als unsere Mutter uns beiden Töchter eröffnete, dass sie jetzt sterben möchte und wir bitte Kontakt mit Exit aufnehmen sollten. Diese Eröffnung kam so klar und überzeugt, dass wir nicht daran zweifeln konnten. Es folgte viele intensive und ganz tolle Gespräche, es flossen viele Tränen und diese fliessen noch heute.

Meine Mutter war eine starke und tolle Frau und so war auch jede Widerrede zwecklos. Eine Woche später ist sie friedlich eingeschlafen, ganz so wie sie es sich gewünscht hat.
Das gibt mir den Frieden, für meine Mutter musste es stimmen, es war ihr Weg den sie gehen wollte, unserer ist vielleicht ein anderer. Wir haben sie in allem begleitet und unterstützt, wir haben ihr gesagt, wie sehr wir sie lieben und dass wir auch diesen Weg zusammen ein Stückchen gemeinsam durchmachen werden.
Diese letzte Woche war die intensivste und innigste Zeit zusammen mit meiner Mutter, auch die schlimmste, traurigste und emotionalste.

Was ich Dir damit sagen möchte, Du wirst es merken, wenn Deine liebe Mama gehen möchte, Du solltest ihr nur die Tür dazu offen lassen.

Sei ganz herzlich umarmt
Chrigele