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Alt 16.04.2015, 06:40
Wind Wind ist offline
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Standard AW: CUP - Neuroendokrines Karzinom

Guten Morgen Ihr Lieben alle,

hier mal wieder ein kleiner „Ist-Bericht“ von uns.

Beim Papa haben die Erstickungsanfälle sehr nachgelassen und sein Husten ist auch besser geworden. Auch die Halluzinationen sind derzeit vorbei. Allerdings hat er jetzt seit zwei Tagen immer mal wieder Angstzustände. Er sagt, es wäre, als wenn jemand auf seiner Brust sitzt und ihm was abschnürt. Atemnot hat er dabei aber nicht wirklich. Es kommt dann nur Panik und Angst. Kann das schon das Wasser sein, was drückt? Er nimmt dann immer eine Tavor, aber so wirklich hilft das auch nicht. Dadurch schläft er auch ziemlich unruhig und die Mama dann natürlich mit. Mama kämpft gerade wieder sehr mit ihrem Infekt. Es ging zwei Tage ganz gut und wir dachten, es wird besser, aber gestern hat es sie wieder ziemlich nieder gebrezelt. Ich habe jetzt also zwei Patienten .
Aber es gibt nicht nur ungute Dinge zu berichten. Bei dem schönen Wetter gestern saßen beide eine halbe Stunde auf dem Balkon in der Sonne . Mama hat Papa mit seinem Toilettenstuhl auf den Balkon gefahren. Das fand ich toll. Es war für Beide zwar extrem anstrengend, aber es sind doch diese kleinen Momente, um die es gerade noch geht. Ein ganz kleines bisschen „Normalität“. Ich habe mich so sehr für die Beiden gefreut. Mama hatte dann gleich wieder große Pläne. Wenn es so weiter geht, können sie ja auch nochmal draußen spazieren und so weiter. Was soll ich denn dann sagen? „Nein, du wirst nicht mehr mit dem Papa spazieren?“ „Oh ja, vielleicht, das wäre ja so schön?“ … Ach … es ist schwierig. Ich denke, dass sie eigentlich selber weiß, dass es nicht mehr passieren wird. Ist es Selbstschutz? Ist es Augen verschließen vor den unausweichlichen Dingen? Das Schlimmste nicht sehen wollen? Wie reagiert man auf sowas? Ich habe am Ende dann darauf gar nicht geantwortet und nur ein „mmmh“ raus bekommen. Ich bin dann manchmal auch einfach immer wieder so erschrocken, wenn solche Sätze von ihr kommen, dass ich erstmal gar nicht reagieren kann. Ich will ihr nicht weh tun, aber ich kann sie doch auch nicht anlügen.

Ich habe mir gestern seit langem auch mal wieder eine Akupunkturstunde gegönnt. Das war himmlisch. Und es ist für mich auch immer ein wenig wie eine psychologische Therapiestunde. Meine Ärztin war lange an der Uni-Klinik in der Onkologie und auch für eine lange Zeit auf der Palliativstation. Ich habe ihr alle Befunde meines Papas gegeben und sie war mir letzten Sommer eine große Hilfe im Verstehen dieser. Und sie spricht ganz direkt aus, was sie denkt. Ohne Rücksicht auf Verluste. Das tut mir sehr gut. Kein ewiges Rumgerede, kein Drum herum … klare Worte. Das liegt mir sehr. Ich kann damit besser umgehen, wie mit diesem Geschwafel, dass man von anderen Seiten manchmal so zu hören bekommt. Und sie hört mir zu … da kann ich irgendwie so sein wie ich bin. Das ist der einzige Ort, an dem ich meine Traurigkeit und Hilflosigkeit in dieser Situation zulassen kann. Das tut manchmal sehr gut. Immer dieses „Funktionieren“ und nach außen stark sein, nimmt soviel Kraft. Natürlich kann ich mich auch daheim mal fallen lassen, mein Mann ist toll …. Aber das mache ich nur, wenn ich es anders gerade nicht mehr aushalten kann. Wenn die Dämme mal wieder brechen … sozusagen. Das passiert aber nur ganz, ganz selten. Ich weiß auch nicht, was da bei mir schief läuft, aber nach außen muss ich einfach funktionieren. Woran das liegt … was weiß ich. So ist es eben.

Liebe BerliNette … du hast so recht … Krebs ist sippenhaft!!!!!! Danke für deine Worte
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