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Alt 13.05.2014, 13:50
Danni84 Danni84 ist offline
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Standard AW: Ein Neuer - Meine Story

Also stand nun die Chemo an, ca. 2 Wochen nach der OP.
Es war Sommer, schön warm draussen, ich könnte mir besseres vorstellen als im KH zu hocken, aber was soll man machen, Krankheiten fragen nicht obs einem grade passt

Vorher wurden noch die üblichen Voruntersuchungen gemacht, Lungenfunktion, Sammelurin (bei 30°C ist der Geruch nach einen Tag stehen lassen nicht grade prickeld), Tumormarker, Blutbild, Besuch beim HNO... alles in Ordnung, es konnte losgehen.

Da nur 2 Zyklen anstanden habe ich mich für einen ZVK entschieden, wer jedoch etwas zart beseitet ist, sollte sich das überlegen, das Anlegen ist nicht unbedingt was für ganz schwache Nerven sage ich mal, während ich im OP lag, hat nebenan jemand randaliert, die Schwester sagte mir, da war ein Junkie auf Entzug
Das Legen ging fix, einen Tag lang hatte ich das Gefühl mit hat jemand mit einem Kantholz in den Nacken geschlagen, aber dann gings.

Die Chemo an sich fand ich recht unspektakulär, Übelkeit blieb aus, den diversen Begleitmittelchen sei dank, Appetit war vorhanden, wenn man sich dran gewöhnt hatte, dass ab dem 2. Tag alles einen metallischen Beigeschmack hatte, ging das Essen problemlos runter.
Was aufgrund der enormen Flüssigkeistzufuhr natürlich angesagt war, war pinkeln, pinkeln und nochmals pinkeln. Hätte mich fast einfach durchgängig aufs Klo setzen können.
Die Haare sind ziemlich genau nach 2 Wochen ausgefallen, hab aber eh normalerweise einen 6mm Schnitt, daher hat man sich relativ schnell dran gewöhnt, trotzdem war die Glatze eigentlich das unangenehmste an der ganzen Geschichte.
Der zweite Zyklus lief identisch ab, Nebenwirkungen hatte ich keine, außer Haarausfall nichts, hatte zumindest mit irgendwas gerechnet, aber natürlich nix dagegen, wenn nichts kam

Hatte die ganze Zeit ein Zweibettzimmer mit Vollpension, mein Zimmernachbar hatte die gleiche Diagnose und die gleiche Chemo, war nur 20 Jahre älter (ich war da 29), gleichen Musikgeschmack (Mittags lief dann schonmal Rammstein übern Laptop ) und recht umgänglich.

Nach Ende des 2. Zyklus gabs noch das Abschlussstaging, CT sauber, Blutwerte OK, Nachuntersuchung in 3 Monaten... damit war das Thema soweit erledigt, hab mich noch 2 Monate krank schreiben lassen, Reha hatte ich keine Lust drauf.

Mittlerweile ist die 4. Nachsorge gelaufen, alles OK, ich bin längst wieder am arbeiten, alles ist wie vorher.... Moment... nicht alles...

Viele fragen mich immer "Machst du nach SOWAS weiter wie früher?"
Einerseits ja, sicher, das Leben geht weiter, es hat aber auch was Positives.
Zunächst hab ich nach fast 15 Jahren mit dem Rauchen aufgehört, ging ohne Probleme von einem Tag auf den anderen
Und, was wichtiger ist, ich sage mir "wenn nicht jetzt, wann dann?", es trifft halt nicht immer nur "die anderen", daher, wenn ich etwas machen will, dann mache ich es jetzt und nicht irgendwann später vielleicht einmal.

Ich sehe das wie einen kleinen Schuss vor den Bug, der mir sagt "Es kann früher vorbei sein als du denkst". Klar ich lebe nicht jden Tag so, als wärs mein letzter (dann wäre ich vermutlich verdammt schnell pleite und würde evtl. besoffen irgendwo liegen ), aber ich sehe vieles lockerer.
Ich bin halt Realist: Wenn ich Glück habe kann ich mit 70 in Rente gehen, ein Alter in dem einige schon nicht mehr leben werden, daher will ich mein Leben vorher genießen und mir nicht hinterher, sollte ich krank werden, sagen müssen "hätteste das mal früher gemacht"

In diesem Sinne
Alles Gute und Gruß
Daniel
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