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Alt 12.03.2014, 16:57
Maui Maui ist offline
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Standard AW: Crizotinib, ALK Translokation, wer hat Erfahrung?

Hallo liebe aktive Forum-Mitglieder und Mitleser,

ich bin seit gut 2 Jahren ein stille Mitleserin und genau so lange auch selbst eine LK-Patientin. Nun bin ich über diesen Thread hier gestolpert und denke, dass es nun Zeit ist selbst auch aktiv zu werden. Ich nehme seit Juli 2013 LDK378.

Ich bin bin 28 Jahre alt, weiblich, Nieraucherin und weiß seit Feb. 2012 dass ich ein pulmonales AdenoCA Stadium IV habe.
T4, N3, M1b (quasi full house)
EGFR-Status negativ
EML4-ALK-Mutationsstatus positiv

Meine einzigen Beschwerden kommen von den multiplen Knochenmetastasen.
Feb. 2012 wurde mir 2/3 des BWK1 entfernt und dabei 5 Wirbelkörper versteift in der Uniklinik Leipzig.
Danach gleichzeitig:
Bestrahlung des OP-Bereiches in der Kopfklinik der Universitätsklinik Heidelberg und Chemotherapie (6 Zyklen Cisplatin + Pemetrexed + Bevacizumab) in der Thoraxklinik Heidelberg.
Die Chemo war wegen der gleichzeitigen Bestrahlung zwar stellenweise unangenehm und antrengend, aber sie hat gut angeschlagen. Der Rundherd in der Lunge ist von 2,5cm auf 1,2cm geschrumpft.
Ab Juli 2012 hatte ich 10 Monate Ruhe.
Ende Mai 2013 kamen Schmerzen in der Hüfte hinzu, ein bekannte Knochenmetastase am li. Hüftgelenk ist größer geworden. Es folgte die Bestrahlung des Hüftgelenkes.
Das Re-Staging danach zeigte keine weitere Aktivität, alles außer dieser Knochenmetastase war gleich groß wie vor einem Jahr.

Nach einigen Unterhaltungen mit den Ärzten der Thoraxklinik Heidelberg hatte ich also die freie Wahl:
1. Abwarten unter engmaschiger Kontrolle
2. Crizotinib (=Xalkori) nehmen auf Rezept
3. an der Studie teilnehmen und LDK378 nehmen

Ich entschied mich das LDK zu probieren, im Wissen dass ich jederzeit zum Crizotinib wechseln kann.

Ich muss dazu sagen, ich wurde damals seit der allerersten Diagnose darüber informiert welche Therapiemöglichkeiten der Reihe nach möglich sind. Ich wusste in Frühjahr 2012 schon, dass ich das Crizotinib nehmen könnte, sollte die Chemo nicht anschlagen und während der "Ruhezeit" Winter 2012/2013 wurde ich auch über das LDK378, den Nachfolger, informiert.
Die Ärzte der Thoraxklinik Heidelberg sind da sehr kooperativ wenn man als Patient interessiert ist und nachfragt welche Behandlungsmöglichkeiten es für einen persönlich gibt. Auch wurde alle in Frage kommenden Tests gleich bei der ersten Diagnosestellung gemacht.
(Ich bin normale Kassenpatienten, falls sich das jemand fragt.)

Deswegen war ich ein wenig geschockt als ich hier las, dass viele Patienten so im Ungewissen schweben.
Auch bin ich sehr überrascht zu lesen, dass niemand einen LDK-Patienten kennt, wir treten uns hier im Studienzimmer ständig gegenseitig auf die Füße...
Im Moment müssten ein Dutzend Studienteilnehmer in über die Thoraxklinik das LDK bekommen, teilweise reisen die Teinehmer aus ganz Deutschland alle 3 Wochen im Rahmen der Studie nach Heidelberg. Ich selbst kenne sowohl Patienten, die zuerst Crizotinib genommen haben, als auch solche wie mich, die gleich das LDK bekommen haben.

Nun vielleicht zum LDK selbst: Ich nehme es im Rahmen der Dosisfindungsstudie, jedoch ist die Dosis schon gefunden. Ich bekomme tägl. 5 Kapseln. Man soll vor und nach der Einnnahme 2 Stunden nichts essen und keine zuckerhaltigen Getränke zu sich nehmen. Im Rahmen der Studie muss ich nun alle 3 Wochen zum Blutabnehmen, EKG, Röntgen, BGA und ärztl. Kontrolle ins Krankenhaus. Alle 6 Wochen kommt ein CT hinzu. Am Anfang war die Kontrolle engmaschiger.
Das Medikament scheint beeindruckende Ergebnisse zu zeigen. Mein vernarbt-geglaubter 1,2cm Rest ist auf 0,8cm geschrumpft, was niemand erwartet hätte. Die Ergebnisse anderer Patienten hören sich noch besser an, Tumore schrumpfen drastisch, Entzündungen verschwinden, Gehirnmetastasen schrumpfen und sind teilweise sogar nicht mehr nachweisbar.

Die Nebenwirkungen sind jedoch enorm. Ein großes Problem sind Verdauungsprobleme aller Art. Appetitlosigkeit, Erbrechen, Durchfälle, Oberbauch-Krämpfe und die daraus folgende Müdigkeit sind das gängigste, was einem auf dem Flur jeder LDK-Patient bestätigen kann. Auch die Blutwerte, vor allem die Leberwerte, verschlechtern sich bei manchen Patienten. Dazu kommt, dass die Hülle der Kapseln sehr groß ist und ein Übelkeit erregendes Eigenaroma hat. Der Hersteller hat dagegen diese Beschwerden keine Lösung, da nicht klar ist wo diese Verdauungsbeschwerden und Schmerzen getriggert werden. Auch darf man einige Mittel wie Omeprazol nicht gleichzeitig mit LDK einnehmen (ich nehme statt dessen z.B. Ranitidin).
Manche Studienteilnehmer erwägen deswegen ernstlich einen Abbruch.

Ich gehöre dazu. Wenn ich das Medikament vorschriftsmäßig einnehme geht es mit meiner Leistungsfähigkeit rapide bergab. Ich nehme das LDK auf die Nacht um die Nebenwirkungen nachts auszustehen und etwas vom Tag zu haben. Ich habe regelmäßig 2-3 Stunden nach der Einnahme akute, sehr schmerzhafte Durchfälle, mehrmaliges, sehr saures Erbrechen (unanhängig davon ob etwas im Magen ist oder nicht und vollkommen unabhängig von der Art der Ernährung), und sehr starke Krämpfe in der Zwölffingerdarm-Gegend, die 30-60 Min andauern. Nach solchen "Anfällen" falle ich vor Erschöpfung zitternd ins Bett und muss dann einige Stunden schlafen. Insgesamt brauche ich mind. 9 Stunden reinen Schlaf um tagsüber etwas leisten zu können. Wenn ich dann nachts noch 1-2 Stunden im Badezimmer verbringe, summiert sich das eben. Zusätzlich wirkt sich Stress und Anstrengung negativ auf die Intersität und die Häufigkeit der Nebenwirkungen aus.

Meine Lösung, um nicht mit der Einnahme komplett aufzuhören, sind ärztlich abgesprochene "Pausen". Sollte ich 3 Nächte hinter einander solche Anfälle haben, dann nehme ich die Nacht darauf die Tabletten nicht, um meine Akkus aufzuladen. Und ich mache grob alle 2 Wochen 1-2 Tage (ein Wochenende) Pause um mal abends auszugehen, vielleicht sogar nen Wein oder Cocktail zu trinken , die Familie zu besuchen und sich einfach mal wie ein normaler Mensch schlafen zu legen ohne Angst vor nächtlichen Schmerzen zu haben

Diese Pausen reduzieren bei mir die Häufigkeit der Beschwerden merklich (nicht jedoch die Intensität der Nebenwerkungen!), so dass ich im Moment (mit im Schnitt 2 "schlimmen" Nächten pro Woche) sogar recht zufrieden bin.
Ich muss jedoch dazu sagen, dass ich eine für einen Kranken sehr angenehme familiäre Situation genießen darf und mich im Moment ganz auf mich konzentrieren kann Außerdem spielt das schöne Wetter bestimmt auch eine Rolle, der Winter war bei weitem unangenehmen für mich.
Trotzdem würde ich lieber die Nebenwirkungen der Chemo wieder durchmachen als das. Mein größtes Problem ist die Unplanbarkeit der Nebenwirkungen, sie können sich in den Vormittag reinziehen und ich muss oft ausgemachte Termine kurzfristig absagen.

Es gibt natürlich auch Patienten, die das LDK besser vertragen, das will ich nicht unterschlagen. Einer den ich regelmäßig sehe sogar beneidenswert gut. Jedoch hat der größte Teil mit den immer gleichen Problemen zu kämpfen.

Ich zumindest halte mir das Crizotinib so lange wie möglich "in der Hinterhand", sollte ich das LDK nicht mehr nehmen können oder sich wieder ein Progress einstellen. Und das Wissen, dass es darüber hinaus weitere vielversprechende Studienmedikamente gibt, lässt mich recht zuverlässig in die Zukunft schauen.

Von so ein paar Zentimetern Krebs lasse ich mich doch nicht klein kriegen!


lg, Maui
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