Einzelnen Beitrag anzeigen
  #209  
Alt 21.02.2013, 13:06
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.05.2011
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.508
Standard AW: Kleinzelliges Bronchialkarzinom - verzweifelt

Liebe Nina,

ich finde, dass mayflower absolut richtig liegt! Alles in Anspruch nehmen, was einem zusteht! Man kann wirklich jede hilfreiche Hand gebrauchen. Ich weiß, dass es schwer ist und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie schlimm sich das alles für deinen Papa anfühlt. Es muss grausam sein, wenn man seinen körperlichen Verfall so bewusst erlebt. Mein Vater mochte nicht mehr in den Spiegel schauen... Wenn er sich irgendwo sah, dann zuckte er regelrecht zusammen. Ich weiß nicht einmal, was er am Ende wog. Er hat so viel abgenommen (obwohl er nie sonderlich viel gewogen hat)... zum Schluss war er Haut und Knochen. Es tat mir weh, ihn so zu sehen. Er hatte ja nicht einmal mehr die Kraft, ein Glas in die Hand zu nehmen und zu trinken. Meine Mutter war da sehr pragmatisch und hat einen Schnabelbecher besorgt, damit er selbstständig trinken konnte, ohne sich zu verschlucken. Am Ende hat mein Papa alles nur noch geschehen lassen. Aber wie dein Vater wollte er so lange wie irgend möglich die Selbstständigkeit erhalten. Er hat sich mit letzter Kraft zum Toilettengang geschleppt und es hat mir immer das Herz zerrissen, wenn dieses spindeldürre Kerlchen so krumm und unter Schmerzen mit dem Rollator zur Toilette schob. Ein wahnsinniger Kraftakt jedes Mal. Ich hätte ihm auch von Herzen gewünscht, dass ihm das alles erspart bleibt, nur leider ist es wohl den wenigsten Menschen vergönnt, einfach so einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen. Alle anderen müssen kämpfen und leiden. Und immer wieder loslassen. Ich frage mich, das in ihnen vorgeht, wenn die Krankheit so rasant verläuft und sie so schwach und hilfsbedürftig werden. Das muss sehr weh tun. Aber das Schöne in dieser schlimmen Situation ist es, Menschen an seiner Seite zu haben, die zu einem halten. Die ohne große Worte das Richtige tun und einfach nur da sind. Und das seid ihr, Nina!!!

Nun, da hast du es in deiner Klasse also mit richtigen Teenies zu tun (wie meine Tochter, die wird am 01.03. auch 15 Jahre), die alles andere im Kopf haben als Schule... Oje, das stelle ich mir auch sehr, sehr anstrengend vor. Ich habe mich dann auch daran erinnert, bei dir doch schon gelesen zu haben, dass du unterrichtest und dass es oft sehr schwierig ist. Vor allem, da du dort niemandem von deiner persönlichen Situation erzählt hast. Ich bin froh, dass du wenigstens hier im Forum mal Dampf ablassen kannst! Da brauchst du dich gar nicht entschuldigen. Dafür gibt es uns schließlich! Und du weißt ja, Hand in Hand lässt sich vieles besser ertragen als allein...

Umarmung und schöne Grüße an deinen Papa
Miri
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
Mit Zitat antworten