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Alt 30.09.2011, 12:53
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Erle Erle ist offline
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Registriert seit: 10.03.2006
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Standard AW: Ich wurde amputiert.........

Mein Herz, mein Liebster,
vor drei Jahren um diese Uhrzeit die schlimmsten Momente meines Lebens. Die Kinder mussten sich verabschieden, ich wollte nicht, dass sie da sind, wenn der Leichenwagen kommt. Vor drei Jahren um diese Zeit war ich schon beim Bestatter, hatte die ganze Familie informiert, was in der Nacht passiert war.
Und nun sitze ich hier, fahre geich mit meiner Mum zum Friedhof.
Gestern habe ich schon Kerzen angemacht, da musste ich entdecken, dass sie Dir die Tonfiguren Katze und Hund geklaut haben. Kann es denn wahr sein, so ein ekelhafter Mist.

In den letzten Wochen habe ich schon stark gemerkt, dass es auf Ende September zugeht. Und dann vorgestern ein besonderes Ereignis... und ich werde ganz deutlich besser mit meiner Trauer heute fertig.
Ich glaube, ich habe den Blick nach vorne endlich wieder gefunden. Bin ja immer noch krank geschrieben, seit Mai schon und nehme auch seitdem meine Tabletten, es waren im letzten halben furchtbar viele Aufs und ABs... doch jetzt scheine ich die Kurve zu kriegen. Erkenntnis gerade heute???
Oder eben seit vorgestern..... ein ungläubiges Staunen, dass es auszuhalten ist.
Der Blick geht wirklich und wahrhaftig stetig nach vorne, Angst, ja... aber doch auch Freude. Und ich denke heute nicht nur an meinen geliebten Alfred, sondern auch an meine Zukunft. Gestern habe ich Alfred am Grab schon gebeten, mir endlich meine Schuldgefühle zu nehmen. Ich möchte nicht mehr fühlen, dass es Verrat ist, dass ich mit einem anderen Mann eine innige Beziehung habe, dass ich unser Haus verkaufe und neu anfange.
Mit vielen Menschen habe ich gesprochen, besonders wichtig war mir mein Pastor, der liebe Mensch, der ja auch Alfred beerdigt hat, der Alfred die ganze schlimmen Jahre über betreut hat. Der eben immer gesehen hat, wie sehr wir uns lieben.
Und genau er hat mir gesagt, dass mir mein Glaube doch wichtig ist. Ich soll den Worten glauben "Bis das der Tod uns scheidet". Ich habe bis zu Alfreds Tod alles alles getan, was ich tun konnte, habe ihn so sehr geliebt. Aber es ist vorbei, auch der Pastor sagt, es kann niemand was dagegen haben, dass ich wieder glücklich bin. Ich darf ein neues Leben anfangen.
Nicht wahr, Alfred, Du erlaubst es auch. Heute möchte ich nicht nur trauern um Dich, sondern auch meine Schuldgefühle ablegen. Ich habe so sehr damit Probleme gehabt in den letzten MOnaten. Aber nicht wahr, heute darf ich mit den Schuldgefühlen abschließen, wieder nur in Liebe an Dich denken Alfred.

Und im nächsten Frühjahr werde ich zu W. ziehen, wir haben uns endlich dazu entschlossen.
Nicht abschließen will ich mit Dir heute, das geht nie, Du bist auf immer in meinem Herzen, aber ich werde jetzt ohne Schuldgefühle das Leben nach Dir beginnen, Alfred. Und das ist ok, nicht wahr?
Mein Allerliebster, ich werde auch aufhören, Dich für Glück und Unglück von mir verantwortlich zu machen. Ja, ich will Dich als meinen Schutzengel, aber ICH alleine bin für mein Leben verantwortlich. Es war nicht ok, was ich alles da reingelegt habe, was ich von mir schieben wollte, für was ich Dich angeklagt habe.
Jetzt muss es neu beginnen. Mein zweites Leben... mit W. an meiner Seite, mit Alfred im Herzen.
So und nicht anders.......
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