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Alt 19.02.2011, 10:31
Ilmarinen Ilmarinen ist offline
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Standard AW: Nichtseminom, stadium IIIa?

Hallo Maxe,

auch von mir erstmal alles Gute für die nächste Zeit!
Ich hatte auch einen Stadium III Hodenkrebs, war jedoch poor prognosis, da die Tumormarker höher und die Metastasen in Bauch (Retroperitonelaraum und Lunge) ausgeprägter. Ich wurde nach der Orchiektomie Nov 2009 in einer Uniklinik (Köln) mit 4 Zyklen PEB-Chemo behandelt, danach wurde in der UK Aachen eine Resttumoresektion durchgeführt (durch Chemo abgestorbene Metastase entfernt). Da dort keine vitalen Krebszellen mehr nachweisbar waren, hat der dortige Chefarzt eine Wait&See-Strategie für die Lunge vorgeschlagen. Und seit Herbst sind die ehemals 2-Euro-Stück großen Metastasen auch im CT fast nicht mehr zu erkennen, da der Körper sie wunschgemäß abgebaut hat.

Aus meiner Erfahrung heraus möchte ich mich den Dirk anschließen - ein Tumorzentrum hat bei den einzelnen Maßnahmen oder Empfehlungen, die man fällen muss, mehr Vergleichswerte und Erfahrungen, wahrscheinlich sogar Experten für die einzelnen Fachgebiete. Die Chemo selbst kann meiner Meinung nach in jedem guten Krankenhaus, in dem man sich wohl fühlt, durchgeführt werden, aber eine Zweite Meinung zum Therapieweg sollte man bei Stadium III in einem Tumorzentrum eingeholt werden. Es gibt schließlich glücklicherweise nicht viele dieser Fälle.
Bei mir wurde die Chemo durch einen ZVK (Zentraler Venenkatheter) verabreicht, einen Zugang, der direkt vors Herz gelegt wird und für die 5 Tage der stationären Behandlung festgenäht wird. Das ist zwar bei weitem nicht so spektakulär wie es sich anhört, aber ist in Hinsicht Schmerz / Komfort schon zu spüren, wie oft ein Arzt einen solchen Zugang legt. Und da sind Unikliniken einfach erfahrener.
Ich fand die Aufteilung 5 Tage stationär (eigentlich sechs, da ich am Vortrag immer schon den Zugang bekam) und dann in den beiden Wochen danach einmal fürs Bleomycin reinkommen, eigentlich ganz ok. Schon das Einlaufen der Chemo dauert mehrere Stunden - und viele reagieren sehr stark auf die Chemo (z. B. so ne Art Schüttelfrost, der für die umstehenden, z. B. meine Faru und meine Mutter, sehr gruselig aussieht, für einen selbst aber nicht so schlimm ist - oder später das Übergeben). Und auch in der Pflege (von der Mundspülungsempfehlung über die Nasensalbe zum Antipupsmittel ;-)) zwischendurch sind die Schwestern einer Uroonkologie oder Urologie mit Tipps sehr hilfreich.

Ich emfehle Deinem Sohn für die Chemo viele Dinge, die ihn gut ablenken (Bücher, Internet oder Spiele oder Rätsel), vernünftige Krankenhauskleidung (Bademantel, Schlappen, T-Shirts mit weitem Ausschnitt, wenn ein ZVK gelegt wird) sowie mehrere Kapuzenjacken o. ä. wenn stärkere Hitze- oder Frostschübe auftreten zum schnellen An- und Ausziehen. Bewegung sollte selbst bei der stationären Behandlung täglich sein - und sei es nur 20 min Spazierengehen auf Kkh-Fluren oder draußen. Ich hatte damals (war ja auch Winter) gute Einsatzmöglichkeiten für meine Wii an den Tagen mit geschwächtem Immunsystem.
Die Blutwerte, die in der ambulanten Zeit alle 2-3 Tage kontrolliert werden sollen, abe ich bei meinem Hausarzt machen lassen - das war einerseits viel näher, andererseits sind die MTAs bei Hausärzten meiner Erfahrung nach viel besser im Blutabnehmen als die Assistenzärzte im Krankenhaus (wieder mal Übungssache...).
Ich habe Orthomol Immun genommen (gab von unterschiedliche Ärzten den Tip) und recht viel Joghurt, manchmal auch die Baby-Joghurt-Obst-Mischungen) gegessen.
Haare sind bei mir ab dem 20. Tag ausgefallen, hab Sie dann direkt rasiert - hier hilft ein weiches Kopftuch (wie die von "Head") sehr - und der Kopf muss natürlich auch eingecremt werden.
Dass meine Familie (Frau, Eltern, Geschwister) fast immer da waren, hat mir sehr geholfen, egal ob zum Zeitvertreib oder zum Zuhören bei den Berichten der Ärzte - da ist man als Patient ja manchmal überfordert und bekommt nur die Hälfte mit. Auch das Sammeln der Arztbriefe, Berichte etc. könnt Ihr direkt für ihn übernehmen.
Falls Ihr den "Blauen Ratgeber" von der Deutschen krebshilfe zu Hodenkrebs noch nicht habt, lad ihn Euch runter oder frag beim Arzt - ich fand es als erste Information zum Krebs und den Behandlungsmethoden sehr hilfreich.

Fragen immer gerne - aber vor allem erstmal viel Kraft für die nächsten Wochen!

Viele Grüße

Ilmarinen

P.s.: auch bei Stadium III gibt es tolle Heiklungschancen - ich habe gestern wieder meine Ergebnisse bekommen und es ist alles in Ordnung. Damit auch das erste Jehr nach der Chemo hinter mich gebracht
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